Das schönste Geschenk

von Mia P.

 

Es war einmal ein Mädchen namens Valeria. Wie jeden Tag ging sie in die Schule an der alten Seehafenbrücke. Der Unterricht war ganz normal, bis der Lehrer Herr Pladauwall sie und ihren besten Freund Mahajo dazu aufforderte, die Schulbücher aus dem Keller zu holen. Dafür bekamen sie sogar einen Schlüssel. Die beiden stöckelten los. Valeria trug Hackenschuhe und ein rosanes Kleid mit Rüschen, an dem ein Schleier hing. Sie hatte den Schlüssel gerade ins Schloss gelegt und es knackte nach einer Weile.  Endlich war die Tür auf. Doch das, was sie nun sahen, verschlug ihnen die Sprache. Mahajo fing zuerst an wieder zu reden. Doch viel mehr als ein „Woooooooow“, bekam er auch nicht heraus, denn vor ihnen kamen keine Schulbücher oder anderer Schulkram zum Vorschein. Mahajo wollte wieder verschwinden, denn alles war rosa und voller Tulpen und Rosen. Valeria jedoch wollte bleiben. Zum ersten Mal, seitdem Mahajo und Valeria in einer Klasse sind, war Mahajo der Unterricht wichtiger als Valeria.  Sie legte sich auf das von Blumen verzierte Himmelbett und er gab nach. Er setzte sich ebenfalls hin, und zwar auf den alten, hölzernen, aber rosanen Fußboden. Es polterte und Mahajo fiel schlagartig um und ein Teil im Boden öffnete sich. Valeria lachte mit ihrer hohen, piepsigen Stimme. Mahajo rappelte sich auf und murmelte: „Heute ist mein absoluter Pechtag!“  Sie lachte noch schriller, bis auch sie verstummte. Denn jetzt hatte auch sie das Loch im Boden entdeckt. Sie wollte gerade hineinfassen, doch Mahajo kam ihr zuvor. Plötzlich hielt er ein altes Blatt Papier in der Hand. Valeria konnte nicht warten und riss es auf. Vor Ihnen erschien eine Landkarte, auf der befand sich ein Kreuz. Mahajo meinte ganz klug: „Meistens ist ein Kreuz ein Hinweis für einen Schatz oder das Ziel von etwas.“

 

 

 

Valeria lachte und rief: „Ach nee, das hätte ich ohne dich nie gedacht!“

 

Mahajo verdrehte die Augen und meinte: „Wir haben jetzt keine Zeit rumzualbern. Das weißt du auch.“  Valeria hörte auf zu kichern, denn sie war viel zu aufgeregt und antwortete: „Du musst heute nach der Schule zu mir kommen und morgen früh brechen wir zusammen auf.“

 

Mahajo wunderte sich, denn er hätte nicht gedacht, dass Valeria die Schule schwänzen würde. Allerdings fiel dann auch ihm ein, dass morgen Wochenende war. Also nickte er und sie gingen wieder hoch. Am späten Nachmittag trafen die beiden im „Schloss van Alverde“ ein.  Dies war das Schloss von Valeria, denn im Gegensatz zu Mahajos Wohnung war das Schloss RIESIG.  Sie fragte ihre Mutter, ob Mahajo heute bei ihnen übernachten könne, damit die beiden morgen zusammen aufbrechen können.  Bertris schüttelte den Kopf und regte sich über das unangebrachte Verhalten ihrer Tochter auf: „ Wie kannst du so etwas nur fragen? Außerdem habe ich dir ausdrücklich verboten dich mit diesem Jungen zu treffen. Er ist viel zu, naja, wie soll ich es sagen. Er ist nicht fein genug für dich. Also hälst du dich ab jetzt von ihm fern. Und damit du deine Lektion lernst, musst du jetzt erstmal eine Weile im Kellerzimmer ruhen. Mahajo wusste, er konnte Bertris nicht widersprechen. Also ging er langsam aber traurig mit gesenktem Kopf nach Hause. Von oben konnte man nur seine schillernd schwarzen Haare und seine offene dunkelblaue Jacke sehen. Sein weites

 

T-Shirt hörte man im Wind flattern.

 

In der Zwischenzeit hockte Valeria mit gesenktem Kopf im Keller. Sie ärgerte sich ebenfalls über sich selbst, denn wie konnte sie nur auf die Idee kommen, dass ihre Mutter, ausgerechnet ihre Mutter ihr erlauben würde mit einem anscheinend zu unfeinen Jungen einen Schatz zu suchen?

 

Sie konnte nicht einschlafen. Doch plötzlich knarzte es und die Tür ging auf. Sie schaute auf und ihre strahlend blauen Augen blitzten auf. Valeria drehte sich mit einem Ruck um und ihr langes, seidiges, blondes Haar schwang durch die Luft. Ihre knochigen Finger berührten ihre fluffigen Lippen.

 

Ein kleines Wesen tauchte vor ihr auf und zeigte mit seiner stumpfen Nase in die Ferne. Was Valeria wahrnahm, war ein Drachenbaby. Valeria dachte, sie würde träumen, doch das war momentan nicht der Rede wert. Sie lief los in Richtung Mahajos Wohnung. Sie fror, denn es war die eisigste Weihnachtszeit und außerdem ein Abend vor Heiligabend. Fast eingefroren klingelte sie an Mahajos Haustür. Zu Ihrem Erstaunen öffnete tatsächlich Mahajo die Tür. Eine Handbewegung reichte und und auch er war mit einem Satz draußen. Die beiden gingen erstmal in Richtung Norden, denn daran konnten sich beide noch gut erinnern. Doch nach einer Weile wussten beide nicht mehr weiter und Mahajo forderte Valeria dazu auf, die Karte herauszuholen. Sie kramte in ihrer rosanen mit Gold umrandeten Tasche, doch stellte fest, dass sie sie wohl vergessen habe. Beide waren enttäuscht und ihr ganzer Plan löste sich in Luft auf. Plötzlich wimmerte es und vor den beiden tauchten Glitzerwölkchen auf. Vor Ihnen lag auf einmal die Karte! Die beiden staunten nicht schlecht.

 

Wie von Zauberhand erschien auf der Karte der Weg. West , Ost, West, Nord und dann Süd, so mussten sie gehen. Dort sollte dann wohl der Schatz versteckt sein. Valeria blieb plötzlich stocksteif stehen. Noch bevor Mahajo fragen konnte, was los war, tauchte wieder dieses Wesen auf, dass auch für Mahajo wie ein Babydrache erschien. Es schaute die beiden niedlich an und hauchte einmal.  Plötzlich tauchte wieder die goldglitzernden Wölkchen vor ihnen auf und schon lagen vor ihnen zwei Winterjacken, zwei Mützen, vier Handschuhe, zwei Schals und ein paar Winterschuhe. Mahajo und Valeria schauten sich verwundert an, doch das Drachenbaby schaute nur auf Valerias Schuhe. Die verstand sofort, dass auch er wusste, dass ihre Füße eisigkalt waren. Also schlüpfte sie schnell in die von ihm hergezauberten Winterschuhe. Total unerwartet fing der Drache an zu sprechen und meinte: „Ich komme mit euch mit und stehe bei der Reise stets an eurer Seite.“ Er verbeugte sich und fiel um, denn seine grünen, mit Zacken überzogenen Beine waren sehr kurz. Doch das hielt ihn nicht davon ab weiter zu reden. Über sein kleines, rundes Gesicht zog sich eine Lachfalte. Doch Mahajo und Valeria machten fragende Gesichter. Der Drache jedoch zeigte nur auf sein Maul, das so gut wie sein ganzes Gesicht verdeckte. Die beiden nickten, auch wenn sie immer noch keine richtige Antwort auf ihre Fragen hatten. Nach einer Weile konnten sie die Welt von oben bewundern. Alle Lichterketten leuchteten hell und bunt. Das Drachenbaby plapperte und plapperte, sodass Valeria gar nicht über den Schatz nachdachte. Kurz vor dem Ziel fing sie an sich auf den Schatz zu freuen. Flo, das Drachenbaby, hatte erzählt, er könne sich in jedes beliebige Tier umwandeln. Dies wollte Valeria testen und forderte ihn dazu auf, sich in ein rosa-pinkes Fabelwesen zu verwandeln. Dies tat er dann auch. Doch das reichte Valeria noch nicht. Plötzlich holte sie mit ihren weichen, zarten Händen aus ihrem knallrosanen Täschchen einen ebenso rosanen Haarreif. Sie beugte sich behutsam über Flo und steckte ihm den glitzerpinken Haarreif zwischen seine Drachenzacken. Sie war aufgeregt und voller Vorfreude: „Keine Widerrede, wir sind jetzt im Pinkylook!“

 

Mahajo lachte, nur Flo machte ein verschraubtes Gesicht. Doch als auch Mahajo einen rosanen, mit Rüschen bestickten Umhang bekam, konnte Valeria nur noch grinsen.

 

Endlich angekommen, landeten Mahajo und Valeria unsanft auf dem Boden. Flo zeigte auf den Boden. Seine sechs kleinen Finger kreisten über den Boden. Plötzlich öffnete sich im Boden eine kleine Luke, in der befand sich ein hell aufleuchtendes Kästchen. Valerias Gesicht erhellte sich ebenfalls und sie nahm das Kästchen sanft in die Hand. Vorsichtig öffnete sie es und was sie nun erblickte, war ein aus purem Gold bestehendes Amulett. Sie öffnete es und sah ein Bild. Dies erinnerte sie an den Satz ihrer Mutter: „Das einzige aus purem Gold bestehende Amulett, auf dem dein Ur-Ur-Ur-Ur- Uropa mit einer Axt abgebildet ist, kommt aus der Neuzeit, ist unbezahlbar und außerdem leider verschwunden.“

 

Valeria könnte platzen vor Glück und sie gingen alle mit einem guten Gefühl heim. Flo und Mahajo schliefen bei Valeria.

 

Am nächsten Morgen schienen die ersten Sonnenstrahlen schön leuchtend durch den Vorhang, als Bertris ins Zimmer hereinkam. Sie wollte gerade anfangen los zu schimpfen, da hielt Valeria ihr das glitzernde Amulett vor die Nase. Bertris war erstaunt und konnte ihr einfach nicht mehr böse sein. Sie äußerte: „Du wundervolles Kind. Sei von mir aus mit jedem befreundet und ich werde nie, nie mehr böse auf dich sein. Und das Amulett ist dein, denn du sollst ja wenigstens ein tolles Weihnachtsgeschenk bekommen.“

 

Valeria seufzte und dachte sich: „ Ich habe doch schon das allerbeste Weihnachtgeschenk aller Zeiten: meine Pinkyfreunde.“

 

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!

 

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Ursula Mock

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